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Am 19. Juli 1870 hat Frankreich Preußen den Krieg erklärt. Schon bald kam es zur Besetzung großer französischer Gebiete durch Truppen des Norddeutschen Bundes und ihrer süddeutschen Verbündeten.
Am 20. September 1870 hatten die verbündeten Truppen den Belagerungsring um Paris geschlossen, alle Telegrafenkabel waren gekappt, Paris war von der Außenwelt abgeschnitten.
In Paris befand sich zu der Zeit eine Ballonfahrerschule. Aus Fesselballonen waren von den Franzosen gute Beobachtungen der feindlichen Aktivitäten möglich.
Aber man erkannte auch die Möglichkeit, mit den Ballonen die feindlichen Linien zu überfliegen und unbesetztes franz. Gebiet zu erreichen, um so Informationen aus der belagerten Stadt zu übermitteln.
Diese Ballone beförderten nicht nur Postsäcke, sondern man nahm auch Brieftauben mit, die Depeschen nach Paris zurückbringen sollten.
Die Körbe mit den Tauben hingen außen am Ballon, um in der Gondel Platz für Passagiere und die Postsäcke zu gewinnen.
Waren die Briefe im unbesetzten Teil Frankreichs angekommen, so wurden sie auf normalem Weg weiterbefördert. Landete der Ballon im besetzten Gebiet und wurde von den Deutschen nicht bemerkt, so versuchte man mit Hilfe der einheimischen Bevölkerung, die Post in das franz. Postsystem einzuschleusen.
Sogar der Postverkehr aus dem eingeschlossenen Paris mit Preußen funktionierte, wie erhaltene Briefe zeigen, etwas, was eigentlich in Kriegszeiten zwischen den Kriegsparteien nicht möglich ist.
Ein normaler Brief, der 10 x 7 cm groß sein konnte und nur 4 g wiegen durfte, kostete im Inland und nach Algerien 20 C, in das benachbarte Ausland 50 C und erhielt sogar einen PD Stempel.
Die Ballonpostbriefe aus der Zeit der Belagerung von Paris im Franz.-Deutschen Krieg 1870-71, (so heißt er weltweit, weil der
Angreifer immer zuerst genannt wird und das war damals nicht Deutschland) sind eines der interessantesten Sammelgebiete.
Von den etwa 2,5 Milionen beförderten Briefen, insgesamt 10.000 kg, sind verhältnismäßig viele erhalten geblieben, denn selbst
schon für die damalige
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Zeit war ein solcher Brief eine Besonderheit.
Es sind in den 135 Tagen der Belagerung 55, andere Quellen nennen 67, unlenkbare Ballone gestartet. Die Zahlen differieren etwas, je nachdem, ob nur Ballone mit Post gezählt werden oder alle. Die Zahl der Passagiere schwankt zwischen 164 und 238 Personen, Brieftauben 363 bis 383 und Hunde fünf oder sechs. Sicher ist jedoch, dass am 6. Oktober 1870 Léon Gambetta mit dem Ballon "Armand Barbès" Paris verlassen hat. Nach der Schlacht von Sedan und der Abdankung von Napoleon III. hatte er zusammen mit Jules Favre am 4. September 1870 in Paris die "Dritte Republik" ausgerufen und war zum Innenminister ernannt worden. Er sollte den Widerstand aus der Provinz organisieren und Paris befreien. Der Plan scheiterte und er versuchte nun in Tours eine neue Regierung zu bilden, die dann in Bordeaux zusammentreten sollte.
Von den Brieftauben erreichten nur etwa 50 Paris wieder, die anderen waren von französischen Bauern auf der Jagd getötet worden, wurden von Raubvögeln erbeutet oder von den Preußen abgefangen, die extra ausgebildete Greifvögel dazu einsetzten.
Die Tauben konnten nur eine sehr begrenzte Zahl von Botschaften transportieren.
Im Jahre 1867 hatte der Photograph René-Prudent Dagronden den „micro-point“ erfunden, d.h. die Möglichkeit, ein Foto so zu verkleinern, dass es nur mit einem Mikroskop zu erkennen war.
Diese Erfindung machte man sich nun zu Nutze, um Botschaften mit Reisetauben nach Paris zu befördern. Diese „pigeongramme“ (Taubentelegramme) wurden mit Hilfe einer Laterna magica auf eine Leinwand projeziert, von Postangestelten abgeschrieben und den Empfängern zugestellt.
Eine Taube konnte 40.000 Depeschen zu 20 Wörtern befördern. Insgesamt wurden 2 Millionen Nachrichten übermittelt. Die Gebühr für ein Wort betrug 50 Centimes.
Eine andere Beförderungsmethode für Post in das abgeriegelte Paris hatten die Ingenieure Delort, Robert und Vonoven ausgeklügelt, die "Boule de Moulins". Zwei Ballone sind nach Deutschland getrieben worden, fünf Ballone fielen den Deutschen im besetzten franz. Gebiet in die Hände, zwei sind ins Wasser gefallen, einer ist bis nach Norwegen gekommen.
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